jandl
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Ernst Jandl gedichten

 

 

 De ark van Noach legt aan bij de Kop van Zuid in Rotterdam september 2007

(foto: Cor Dera)


wien: heldenplatz

der glanze heldenplatz zirka
versaggerte in maschenhaftem menschenmeere
darunter auch frauen die ans maskelknie
zu heften heftig sich versuchten, hoffensdick.
und brüllzten wesentlich.

verwogener stirnscheitelunterschwung
nach nöten nördlich, kechelte
mit zu-nummernder aufs bluten feilzer stimme
hinsensend sämmertliche eigenwäscher.

pirsch!
döppelte der gottelbock von Sa-tz zu Sa-tz
mit hünig sprenktem stimmstummel
balzerig würmelte es im männechensee
und den weibern ward so pfingstig ums heil
zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte.
 


Der Knabe und die Straßenbahn


Immer fährt so ein kleiner
rothaariger Knabe
auf dem Trittroller neben
der Straßenbahn her.
Plötzlich dreht er und fährt
in die andere Richtung
und weiß auf einmal
genau, was er tun muß,
um die Straßenbahn zu überholen,
auch wenn er bloß ein kleiner
rothaariger Knabe
auf dem Trittroller ist.


 


gespräch

 

gab er zur antwort
fragten sie

gab er zur antwort
fragten sie

gab er zur antwort
fragten sie

gab er zur antwort
fragten sie
gab er zur antwort

 


 

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

 

(beantwortung von sieben nicht gestellten fragen)


zwei braute: ein deutsches denkmal

 

goethe:

komm und stirne mich mein kind
denn ich habe viele stellen
unter denen keine sind
die nicht aus dem herzen quellen

schiller:

komm und herze mich mein kind
denn ich habe viele stellen
unter denen keine sind
die nicht aus der stirne quellen


 

ich was not yet


in brasilien
nach brasilien
wuld ich laik du go

wer de wimen
arr so ander
so quait ander
denn anderwo

ich was not yet
in brasilien
nach brasilien
wuld ich laik du go

als ich anderschdehn
mange lanquidsch
will ich anderschdehn
auch lanquidsch in rioo

ich was not yet
in brasilien
nach brasilien
wuld ich laik du go

wenn de senden
mi across de meer
wai mi not senden wer
ich wuld laik du go

yes yes de senden
mi across de mer
wer ich was not yet
ich laik du go sehr

ich was not yet
in brasilien
nach brasilien
wuld ich laik du go

 


die tassen

 

bette stellen sie die tassen auf den tesch
perdon
stellen sie die tassen auf den tesch
perdon
die tassen auf den tesch
perdon
auf den tesch
perdon

nöhmen
nöhmen
nöhmen sö söch
nöhmen sö söch eune tass
eune tass
donke
donke

 
eun stöck zöcker
zweu stöck zöcker
dreu stöck zöcker
donke
zörka zweu stöck
zöcker

follen
follen
hununtergefollen
auf dön töppich
neun
nur der hönker ust wög
pördon

bötte
bötte


wie fast


wie bitter
wie kaum

sollen wir aus anderen
sollen wir aus entfernten
sollen wir aus fremd

wie fast
wie bitter
wie kaum

können wir das alles uberhaupt
können wir das alles unbesorgt
können wir das alles hier

wie fast
wie bitter
wie kaum

sind schon versamm
sind schon vollzдhl
gehen schon

wie bitter
wie kaum


ein fragment

 

wenn die rett
es wird bal
ubermor
bis die atombo
ja herr pfa

 


augn

 

ins
augn

ins
augn

ins

o frau was willst du

hier auf der strassn

und mit grossngrossn
augn

 


von einen sprachen

 

schreiben und reden in einen heruntergekommenen sprachen

sein ein demonstrieren, sein ein es zeigen, wie weit

es gekommen sein mit einen solchenen: seinen mistigen

leben er nun nehmen auf den schaufeln von worten

und es demonstrieren als einen den stinkigen haufen

denen es seien. es nicht mehr geben einen beschönigen

nichts mehr verstellungen. oder sein worten, auch stinkigen

auch heruntergekommenen sprachen-worten in jedenen fallen

einen masken vor den wahren gesichten denen zerfressenen

haben den aussatz. das sein ein fragen, einen tötenen.


zweierlei handzeichen

 

ich bekreuzige mich

vor jeder kirche

ich bezwetschkige mich

vor jedem obstgarten

wie ich ersteres tue

weiß jeder katholik

wie ich letzteres tue

ich allein

 


Sprecher: Mann zwei, Mann eins, abwechselnd.

 

Thema: eskalierende gegenseitige Vorstellung zweier Akademiker.

 

m2 du sein gut sprechen

du haben denkenkraft

du wortengewalt

m1 ich sein ein professor

was du sein?

m2 ich sein ein kunstler

was du sein?

m1 ich sein ein universitäten professor

was du sein?

m2 ich sein ein groß kunstler

was du sein?

m1 ich sein ein universitäten professor

von geschichten

was du sein?

m2 ich sein ein groß deutschen und inder

national kunstler

was du sein?

m1 ich sein ein universitäten professor

kapazität von den geschichten

was du sein?

m2 ich sein ein groß deutschen und inder

national nobel preisen kunstler

was du sein?

m1 ich sein ein nobel preisen universitäten

professor kapazität von den deutschen

geschichten

ich sein ein nobel preisen

m1 ich und du sein ein nobel preisen

m2 herren kollegen

m1 herren kollegen

m2 ich und du sein ein nobel preisen

m1 ich und du sein ein herren kollegen

 


there is hardly anything i know for sure
neither of the future nor of the past
nor should i know what to ask
if the person answering was you


 


grab des

du haben zudecken
ein erden für alle
steifen nicht mehr haben
selber sein ein steifer

 


ernst jandls weihnachtslied

machet auf den türel
machet auf den türel
dann kann herein das herrel
dann kann herein das herrel
froe weihnacht
froe weihnacht
und ich bin nur ein hund
froe weihnacht
froe weihnacht
und ich bin nur ein hund

 


leukoplast

a mensch bin e söwa
zwos soitadsd du ana bleim
s goschal howi da zuabickt
villaichd daschdixt scho beim schbeibm

ein mensch bin ich selber
wozu solltest du einer bleiben
das mündchen hab ich dir zugeklebt
vielleicht erstickst du schon beim erbrechen

 


glückwunsch

wir alle wünschen jedem alles gute:
daß der gezielte schlag ihn just verfehle;
daß er, getroffen zwar, sichtbar nicht blute;
daß, blutend wohl, er keinesfalls verblute;
daß, falls verblutend, er nicht schmerz empfinde;
daß er, von schmerz zerfetzt, zurück zur stelle finde
wo er den ersten falschen schritt noch nicht gesetzt -
wir jeder wünschen allen alles gute

 

aus aian orphischn oaschloch
druckts es maunchmoe a batzal
nemtsas glei auf de zungen
olle lyrik gheat gsungen

 


lieben wissen

auffen und unten
ein lieben pressen
wessen wissen
machen lieben neu

keins eines wissen
machen neu lieben
auffen und unten
pressen sein es blieben

 


vom leben der bäume

auch die harten schwarzen
knospen, auch die säumigen
knospen öffnet das licht.

auch die schönen weißen
blüten, auch die duftenden
blüten zerstreut der wind.

auch die schönen grünen
blätter, auch die sonnigen
blätter zerreibt der wind.

auch die alten großen
bäume, auch die beständigen
bäume bricht die zeit.

 


sommerlied

 

wir sind die menschen auf den wiesen
bald sind wir die menschen unter den wiesen
und werden wiesen, und werden wald
das wird ein heiterer landaufenthalt

 

 


liegen, bei dir

 

ich liege bei dir. deine arme
halten mich. deine arme
halten mehr als ich bin.

deine arme halten, was ich bin
wenn ich bei dir liege und
deine arme mich halten.

 

 


lichtung

 

manche meinen
lechts und rinks
könne man nicht
velwechsern.
werch ein illtum!

 

 


der tagesplan

 

gestern machte ich mir einen tagesplan für heute
heute stehe ich auf und schaue lange nicht darauf
es steht darauf was noch nicht getan ist
und noch heute soll das alles getan werden
und wer soll es sein der das tut
diese frage ist nicht gut
und die antwort darauf auch nicht

 


zum glück

 

seh ich auch nichts, das ich gern sehen möchte,
so seh ich doch, zum glück auf beiden augen
wie eh und je;
und hör ich auch nichts, das ich gern hören möchte,
so hör ich doch, zum glück auf beiden ohren
wie eh und je;
und fühl ich auch nichts, das ich gern fühlen möchte,
so fühl ich doch, zum glück, an allen körperstellen
wie eh und je;
und denk ich auch nichts, das ich gern denken möchte,
so denk ich doch, zum glück, in meinem Kopf
wie eh und je;
und steh ich auch nicht, wo ich gern stehen möchte,
so steh ich doch, zum glück, mit beiden beinen
wie eh und je;
und nehm ich auch nichts, das ich gern nehmen möchte,
so nehm ich doch, zum glück, mit beiden händen
wie eh und je;
und wenn, vor der vergeblichkeit von allem,
mich grauen packt, so bin ich doch, zum glück,
intakt wie eh und je.

 


Unter anderen

 

Der Mann sucht
die Frau
mit seinen Augen und
seinen Händen
und geht durch Straßen
(Leicht zu finden
sagen andere)

Der Mann sucht
die Frau
für seine Augen und
für seine Hände
für seine Augen und
für seinen Mund

der Worte sprechen möchte
die schwer zu finden sind
unter anderen.

 

 


Dreiblättriger Klee

 

Ich pflücke dich auf der sonnigen Wiese
und lege dich in mein Notizbuch
damit du mir Glück bringst, dreiblättriger Klee

Oder ist Glück eine Ausnahme
ein vierblättriger Sonderling
auf einer sonnigen Wiese voll dreiblättrigem Klee?

 


suchen wissen

 

ich was suchen
ich nicht wissen was suchen
ich nicht wissen wie wissen was suchen
ich suchen wie wissen was suchen

ich wissen was suchen
ich suchen wie wissen was suchen
ich wissen ich suchen wie wissen was suchen
ich was wissen

 

 

love concrete
I love pottery
but i'm not
a concrete pot.

 

1970

 


vater komm erzähl vom krieg



vater komm erzähl vom krieg
vater komm erzähl wiest eingrückt bist
vater komm erzähl wiest gschossen hast
vater komm erzähl wiest verwundt wordn bist
vater komm erzähl wiest gfallen bist
vater komm erzähl vom krieg

 


frei und schlecht

ich bin frei und mir ist schlecht
warum sollte mir nicht schlecht sein?
freilich sollte mir schlecht sein, und es ist mir auch schlecht.
es könnte mir allerdings auch nicht schlecht sein.
dann würde ich sagen: ich bin frei
und mir ist nicht schlecht.

 


three wives

i never remember my second wife
i never remember my third wife
i always remember what i always remember
ain't ever even had a first wife

 


visite

doktor ich nicht können aufhören scheißen
du mir geben mittel für aufhören scheißen

doktor ich nicht können aufhören sagen au au
du mir geben mittel für aufhören sagen au au

doktor ich nicht können aufhören in kopf reden wenn wollen schlafen
du mir geben mittel für aufhören in kopf reden und anfangen schlafen

doktor ich nicht können aufhören krepieren
du mir mittel geben für krepieren

 


Ernst Jandl "1000 jahre ÖSTERREICH"

 

ich glaube nicht an gott, mag heißen
ich glaube nicht woran du glaubst; es mag
auch heißen: ich glaube nicht an dich.

doch glaub ich doch an dich: dich haut fleisch nerven fett skelett
kann ich berühren küssen schneiden schießen brennen
wie gut daß du und ich einander kennen.

auch sag ich: gottseidank; bei niesen: helfgott
und immerzu: ohgottohgott, mein stoßgebet; im anfang
war das wort - ich wüßte nicht was ohne es ich täte.

zwei tiere reichten aus, maskulin feminin, um ineinander
steckend, schwitzend keuchend schreiend oder geräusch vermeidend
einen neuen menschen zu schweinen: mich, ERNST JANDL.

heil blutiger gott, dein reich ist der schlaf, und komme
zu uns immer halb-halb, tag-nachts und stoße uns endlich
in den unschlaf unseres ewigen nicht-mehr-lebens
unter den flügelschlägen deiner geier.

die eierfromme seligkeit der bestie mensch
die beschissenen erschütterungen der fortpflanzungen
könnte er nicht ein krokodil sein ein schakal ein skorpion? er ist es
und aus seinen löchern fahren engel auf.

furzend berstend schmücke dich edles austriachon
eintausend jahre feiernd im eiterstrom
pest tuberkulose krebs AIDS syphilis sind orden
uns, die geboren sind zu fressen saufen pissen scheißen morden.

 


"kleine körperliche biografie"

 

nun habe ich in meinem mund
keine zehe mehr (keine eigene
eine fremde schon garnicht)
meine füße in meinen händen
sind vergangene gymnastik
meine hände salben vergeblich
die schmerzenden. mein halbschlitten
hindert mich am am knien. doch beuge ich mich
ohne anstrengung - meine übliche
haltung. mein glied, täglich gewaschen
hat verlernt
den täglichen aufstand. rebellion
geschieht in meiner seele
um die ich kämpfe.

 


"der schrei"

 

ich habe meine mutter durchlocht
als ich herauskam, oh welcher schrei
ich habe ihn nicht gehört, ich habe ihn sicher nicht gehört
und ich kann auch nicht sagen, er hätte mich zerstört
aber gewiß hat er mich verwundet
davon bin ich nie gesundet

 


mutter hat gewußt


was sie wissen mußt

wenn du mein kind krepier
steht er schon neben dir

zu richten fürchterlich
für kleinste sünde dich

für kurze lüge unlängst
du jahrelang im fegefeuer brennst

für einmal onanieren
wirst ewig du die hölle spüren

doch bist du sündenfrei wie ich
hebt flugs er in den himmel dich

wo du zwar nicht leben
doch ihn umschweben wirst

für immer und ewig.

 


"anders"

 

mir ist so anders
als mir war
als mir noch nicht
so anders war

wie war dir denn
als dir noch nicht
so anders war
wie eben jetzt

als mir noch nicht
so war wie jetzt
war mir ganz anders
bis zuletzt

wann war zuletzt
daß dir noch nicht
so anders war
wie eben jetzt

immer war mir
bis knapp zuvor
ganz anders
ohne übergang

 


"o christenheit, du wahres"

 

oh christenheit, du wahres
überbleibsel aus einer verlorenen
einer vernichteten zeit. wie ich da saß
am waldesrand, an fichtenzapfen kauend
und neben mir, strahlend, die eingehüllte mutter
in der schale eines frühen, schamhaften badedresses
mit dem sie verleugnete, auf dieser
fotografie meines vaters, was über mich
den unrein geborenen sohn einst kommen
sollte. oh ich werde verrückt mit all
diesen leichen im kopf: mutter, vater
und bruder robi, angegriffen und begraben
und ich hüpfe noch, auf beinen kaum mehr gehfähig,
hüpfe noch, nach dem erstinfarkt, mit meinem verquarkten
herzen.

 


"vermeide dein leben"

 

du bist ein mensch, verwandt der ratte.
leugne gott.
beginne nichts, damit du nicht beenden mußt.
du hast dich nicht begonnen - du wurdest begonnen.
du verendest, ob du willst oder nicht.
glück ist: sich und die mutter bei der geburt zu töten.
eines nur suche: deinen baldigen schmerzfreien tod.
hilferufe beantworte durch taubheit.
benütze dein denken zum vergessen von allem.
liebe streiche aus deinem vokabular.
verbrenne dein wörterbuch.
atme dich zu tode.

 


"leises gedicht"

 

du, beim essen spricht man nicht.
nicht mit vollem munde sprechen.
jetzt sprechen die großen, die kleinen nicht.
halt deinen mund, du wicht.

wenn du ein gedicht bist, dann ein leises.
klein wie du, bist du vielleicht ein weises.
oder du bist blöd, dann noch am besten lautlos.
blick auf, wie schön über dir, du aas,
der himmel blau ist.

 


"stummes gedicht"

 

so unsprechbar, so
unaussprechlich -ebenso
unsichtbar, also kein
visuelles, sondern
höchst zerbrechlich, nämlich schon
zerbrochen - zum ersten mal
wird ein gedicht
gerochen

 


falsch

 

hier tut kein weg sein
und ich tu ihn auch nicht suchen
ich tu was ich tu was ich tun müssen tu
immer sein da die die sagen
das du müssen tun und das du müssen tun
und ich sein das was da ja sagen tut
ja ich immer tu ja sagen
und dann ich mir sagen daß falsch
war das jasagen
ja
ganz falsch

 


16 jahr

thechdthen jahr
thüdothdbahnhof
thechdthen jahr
wath tholl
der machen
thüdothdbahnhor
thechthen jahr
wath tholl
wath tholl
der bursch
wath tholl
der machen
wath tholl
wath tholl
der machen
thechdthen jahr
thüdosthdbahnhof
wath tholl
der machen
der bursch
mit theine
thechdthen jahr

 


babba


babba
toobaba
toobaba
tohuubaba
tohuubaba
tohuwaababa
tohuwaababa
tohuwaboobaba
tohuwaboobaba
tohuwabohuubaba
tohuwabohuubaba
tohuwaboobaba
tohuwaababa
tohuubaba
toobaba
babba

 


zeile an 2 zeilen van ARP sich anschliessend

 

HABEMUS PAPAM

HABEMUS MAMAM

HABEMUS BUBIM

 


peter frisst seinen weg ins schlaraffenland

 

petermilchbreiberg

eterpilchbreiberg

tereplchbreiberg

ertepchbreiberg

retephbreiberg

retepbreiberg

mretepreiberg

miretepeiberg

milretepiberg

milcretepberg

milchreteperg

milchbreteprg

mi Ichbrretepg

milchbreretep

milchbreiretep

milchbreibretpe

milchbreiberepet

milchbreiberrpete

milchbreibergpeter

 


inhalt

 

um ein gedicht zu machen

habe ich nichts

 

eine ganze sprache

ein ganzes leben

ein ganzes denken

ein ganzes erinnern

 

um ein gedicht zu machen

habe ich nichts

 


contents

 

 

i've got nothing

to make a poem

 

 

a whole language

a whole life

a whole mind

a whole memory

 

i've got nothing

to make a poem

 


redensart

 

 

ich

brech

dich

doch

noch

liebervaterbittebiegmich lieber

 


sieben kinder

 

wieviele kinder haben sie eigentlich? -sieber

zwei van der ersten frau

zwei van der zweiten frau

zwei van der dritten frau

und eins

ein ganz kleins

van mir selber

 


themen 

 

die grossen

themen

kommen

mit den tiefen

einsichten

mein rechter

daumen

wenn ich ihn

ansehe

fordert mich

zum arzt

schon lange

es geht

von i hm

was weg

 


camping 

 

ein zelt

ein messer

drei leichen

 

ein kleiner junge

sucht

 

den papa

die mama

und seinen bruder rudi

 

er erbt

alles

 

ein zelt

eih messer

drei leichen

 


die bitte 

 

lieber gott,

mach mich neu

dass ich mich wieder freu

ob bub oder made'

ob mann oder frau

ist mir egal

nur nicht zu alt

mach mich halt

bitte

 


das fanatische orchester 

 

der dirigent hebt den stab

das orchester schwingt die instrumente

 

der dirigent öffnet die lippen

das orchester stimmt ein wutgeheul an

 

 

der dirigent klopft mit dem stab

das orchester zerdrischt die instrumente

 

der dirigent breitet die arme aus

das orchester flattert im raum

 

der dirigent senkt den kopt

das orchester wühlt im boden

 

der dirigent schwitzt

das orchester kämpft mit tosenden wassermassen

 

 

der dirigent blickt nach oben

das orchester rast gegen himmel

 

 

der dirigent steht in flammen

das orchester bricht glühend zusammen

 


der gelbe hund

 

 

der hund wischt sich am hund den mund gern ab

nämlich am hund der er nicht selber ist

wenn aber er allein und hund nur selber ist

wischt gern an sich den mund er selber ab

 

so hält auch gelb sich lieber auf bei blau

grau grün rot lila -steht jedoch nur gelbes

korn vorn vor gelber villa, gelben himmel drüber

ist auch das gelb sich selbst am liebsten lieber.

 


ich lernen

 

mama mich haben ich lernen

vielen jahren vor ihren tod

haben papa ich gleich zeigen was lernen

wenn sein nachhauskommen von büro

sein seither immer ich ich gwesen

niemanden anderen sonst

sein alles was irgendwer sein könn

können aber sein auch wüst und leer

 

 


Frühlingsbeginn

 

weissen ich schneen

frier beissn finger

fussen eis rutschen

nasen ich tropf-tropf

 


der morgenbauch

 

der morgenbauch

ist ein geübter brauch.

brauch ich ihn? vielleicht

er mich. schleppt sich dann

den tag qualvoll hinan

wie die piramüden von kittsee.

(erklärung: das erste thema

ist der morgenbauch; das zweite thema

ist der brauch und ich brauch; das

dritte thema ist die piramüden

von kittsee; die durchführung

ist lassig, durchlässig und

ein wenig lästig /für manche/

.)

 

 


wanderung

 

 

 

vom vom  zum zum

vom zum  zum vom

 

 

von  vom zu  vom

 

vom vom  zum zum

 

von zum zu  zum

 

 

vom zum  zum vom

vom vom  zum zum

 

 

 

und zurück

 

 


gedichte an die kindheit 

 

1

der seelenhirte

 

 

dass alle menschen etwa

eine einzige seele möchten sein,

die reicht, solang sie leben,

in ihre körper hinein

und schnappt, sobald sie sterben,

dann irgendwo zurück

in diesen einzigen grossen seelenleib,

in dieses unvergängliche glück,

das wollte ich gern hoffen.

 

 

2

der nebel

 

 

der nebel kommt

und legt einen schleier

über die nahen dinge,

die noch zu sehen sind.

über die fernen dinge aber

legt er sich dicht.

ich seh sie nicht

und weiss oft nicht

ob sie überhaupt dort sind.

 

3

der nebel

 

 

der nebel ist das leben,

wenn man es von hinten beginnt.

das möchte manchmal jeder,

zu werden noch ein kind.

ich möchte es immer mehr,

je älter ich werde,

und komme doch immer näher

meiner mutter der erde

was auch heissen kann:

meiner mutter in der erde.

 

 

4

die einsamkeit

 

das muss schon einige zeit her sein,

daB ich Von einsamkeit gelesen habe,

denn längst ist einsamkeit nicht mehr

so fern (von mir),

dass ich es lesen muss

um etwas davon zu hören.

sie geht mir tag und nacht

nicht mehr aus den ohren.

 

5

die spuren

 

die spuren, die ich hinterlasse,

sind in mancher schrift

geschrieben und gedruckt.

die luftbewegung der zeit

wischt sie von den seiten

früher oder später

und ich werde mich nicht einmischen.

aber in die erde

werde ich mich einmischen

so tief hinein, so oberflächlich hinein

und, wen es nicht zu tränen rührt,

so lächerlich, aber spurlos,

nämlich eine luftbewegung

ohne eine zeitbewegung.

 

 

6

die dankbarkeit

die dankbarkeit ist stets

zur guten tat bereit.

dankbar bin ich nicht immer

und auch nicht für alles.

wer für alles dankbar könnte sein,

müsste einen sehr grossen und edlen mut besitzen,

davon habe ich so wenig

und auch der ist oft nicht gut.

aber ich weiss schon,

dass vor der eigenen dankbarkeit

auch angst habe,

auch sage: warum

sagst du danke? ich habe

dir nichts gutes gebracht.

 

7

ein roman

 

ein roman ist eine geschichte

in der

alles zu lang dauert.

das ist ein roman.

 

8

das dorf

 

 

das dorf ist kleiner als die stadt,

aber nicht so klein wie das haus.

es besteht aus mehreren van ihnen.

und jedes ist so arg

sogar bewohnt.

 

 

9

der kannibale

 

 

der kannibale lebt in einer einfachen hütte

und denkt an gott.

 

10

niemals war ein weihnachtsmann.

aber das christkind.

der glanz war blendend

wunderbar.

das ganze zimmer war

blendend.

und der schone christbaum und

die vielen schönen sachen.

seit über vierzig jahren

hab ich nicht mehr daran

geglaubt.

aber jetzt beginnt sich

etwas zu ändern.

alles kann mich plötzlich

blenden

nämlich jedes gewöhnliche

ding.

ich halte

nichts in den händen

nach so langer zeit.

aber es ist nicht mehr

so weit bis dorthin

als es schon war .

das wird das ganze

zimmer

in das ich eingesperrt bin

gross und weiss und

blendend wunderbar .

 

11

der winter

 

 

das ganze land ist tief verschneit.

die gelbe wand ist beinah weiss.

der rauch aus dem schornstein ist weiss.

aber die rote ziegelwand bleibt rot.

und meine finger sind fast tot.

 

 

12

ein grosser wunsch

 

 

ich will zurück

bis in das alter von drei jahren.

damals war ich kerngesund

und hatte angst

nur vor jedem grossen hund.

 

13

er hat zu jeder alterszeit

die art und weise, wie

er schreibt.

jetzt ist er alt genug

zu schreiben wie ein kind.

jedes gedicht ist jetzt ein

brief an das christkind.

 

14

mehr nicht

 

weinend fahre ich nach

haus

wo bin ich denn gewesen?

ich bin in der grossen

stadt münchen gewesen.

mehr steht hier nicht zu

lesen.

 

15

die bitte

 

lieber gott,

mach mich neu

dass ich mich wieder freu

ob bub oder mädel

ob mann oder frau

ist mir egal

nur nicht zu alt

mach mich halt

bitte


 

der gedankenleser 

 

wenn einer mich strenge anschaut

wie ein gedankenleser

sage ich gleich: ja ich habe es getan

aber wenn er meine gedanken wirklich lesen könnte

würde er dort ein grosses NEIN lesen

für das mein mund viel zu klein ist

der ist grad noch gross genug

für das kleine ja

 


taschen 

 

schau, meine vielen taschen.

in dieser hab ich ansichtskarten.

 

in dieser zwei uhren.

meine zeit und deine zeit.

 

in dieser einen würfel.

23 augen sehen mehr als zwei.

 

 

du kannst dir denken

was ich an brillen schleppe.

 



wäscherei 

 

soviel

taschentücher

in einer grossen

wäscherei

 

 

und wäscherinnen

wünschen

die nasen

alle

in einen grossen

kessel

 


von tauben 

 

wie oft-oft

sein ich gesessen vorn vom

weissen papieren und nicht

gefüllen sich haben mit lettern und wörten den

weissen papieren sondern

weissen geblieben es sein;

sondern weissen geblieben es sein. oft-oft

weissen geblieben es sein;

weissen geblieben-weissen geblieben

es sein-es sein. oft-oft

weissen geblieben es sein.

 

 

und dann sein rauskommen

gleich forzen übeln ein duft. und ich

auff machen den wind augen (fenestram)

und sein rein-kommen der tauben, vogel-tauben

SCHREIN! und ich sagen haben: sssss-

sein

 

 

ölig in seh monin', wähli wähli ölig

wähli wähli ölig in seh monin'..

 

 


my own song

 

ich will nicht sein

so wie ihr mich wollt

ich will nicht ihr sein

so wie ihr mich wollt

ich will nicht sein wie ihr

so wie ihr mich wollt

ich will nicht sein wie ihr seid

sc wie ihr mich wollt

ich will nicht sein wie ihr sein wollt

sc wie ihr mich wollt

 

nicht wie ihr mich wollt

wie ich sein will will ich sein

nicht wie ihr mich wollt

wie ich bin will ich sein

nicht wie ihr mich wollt

wie ich will ich sein

nicht wie ihr mich wollt

ich will ich sein

nicht wie ihr mich wollt will ich sein

ich will sein.

 


nach altem brauch

 

 

keiner schliesslich

hat es gewollt

 

 

jeder schliesslich

hat es getan

 

 

das hort sich an wie lüge

und ist es auch

 

schritte

 

 

der nebel

den berg

 

 

der berg

den baum

 

der baum

das blatt

 

das blatt

den käfer

 

der käfer

mich

 


van wundern der natur

 

 

immer wieder

ich zerbreche

heisst das

ein mensch sein

was sonst

 

 

der blumen gunst

erreicht

kein menschlich ohr

nur aug

und manchmal

nase

 

der hunde gunst

gab beinah

immer-kinder

der katzen majestät

ein andres

uns

 

 

der vögel auch

in nestern wunderbar

gelbschnäbel weit

die elternvögel

nahrung bringend

 


alles erinnern

 

er sich erinnere

an was nicht sei

keinen namen habe

keine gestalt

daher so gut wie jeden

namen so gut wie jede

gestalt annehmen könne

 


schweizer armeemesser

 

 

warum so viele tage, wenn

so wenig ich erinnern kann

von ihnen allen. krachend schlagen

die türen zu, o du gnadenloser

sturm. meine sittiche

flattern schreiend um meinen kopf

und ich perforiere

mit meinem schweizer armeemesser

die blinde haut der vorfahren

die sich über meine zuckende

gestalt will wickeln,

dass meinen augen doch

noch bleibe ein loch, um hinaus

aus dem schrecken zu gucken

in die ewige finsternis

 

 

der himmel nimmt die gabe an.

der engel schwebt zur sternenbahn.

 

der vater reibt die klinge blank.

laut aus der mutter stromt der dank.

 


der schnitter

 

es ist ein schnitter, der

schne;det brot und gibt

der frau ein stück

und jedem kind ein stück

und ein stück isst er selber

und dann fragt er

wer hat noch hunger?

und schneidet dann weiter .

einem solchen schnitter

möchtest du wohl gern

einmal begegnen.

ausser er sagt zu dir:

komm her, du brot.

 

 


legende

 

der vater stellt sich breit vor mich.

die mutter schreit: wir lieben dich.

 

kein zaudern vaters stirne ritzt.

in vaters hand das messer blitzt.

 

aus mufters nasen rallt ein dampf.

ich weiss um mutters heissen kampf.

 

herab saust vaters scharfe hand.

ich habe mich als lamm erkannt.

 

halt ein, befiehlt die mutter schrill.

ich spreche fest: nur wenn gott will.

 

da rauscht es, dass die luft zerbricht.

der vater auf gefieder sticht.

 

der engelflügel ist aus erz.

engel fühlen keinen schmerz.

 

ein lamm hüpft aus des engels hand.

der vater hat den zweck erkannt.

 

ins lamm der vater treibt den stahl

und unterbricht des opfers qual.

 


vexierbild

 

dieses gedicht ist ungedruckt

wenn du es hier gedruckt nicht siehst

und es als ungedrucktes liest

 


zimmerdecke

 

es ist eine fliege

seit jahren schon

an dieser stelle

sitzt sie

 


familiensofa

 

auf dem familiensofa vielleicht

mit plüsch vielleicht

in vergessenen farben

und einem geschwungenen schwarzen rand aus holz

mit perlmutter eingelegt eine verzierung vielleicht

und es sind darauf gesessen zweifellos

der vater die mutter und das kind

und gewiss auch der grossvater Von mutterseite

denn gewesen Von ihm

sind diese möbel alle

das ganze grosse mobiliar

Wo der vater eingeheiratet hat sozusagen

in den viel früheren tagen.

verstreut zerhackt verbrannt:

kein einrichtungsgegenstand

wird noch bewahrt und verehrt

als von fernher gekommen

über das meer von zeit;

es hat uns alle verschlungen

 


die seele

 

mit der einen hand

der knabe zeigt

nach oben

mit der anderen

auf den frischen

grabhügel

und lacht

wenn der grossvater

da unten ist

wie soll er dann

da oben sein

 

ach ja die see!e

 


vor dem spiegel

 

gesichter

geschnitten

vor dem spiegel

wie ich jetzt

oft hat

mein vater

denke ich

oft

 


florians eltern

 

schöner schöner florian

horchen wir ihm ohren an

küssen wir ihm einen mund

blicken wir ihm augen rund

rudern wir ihm arme dran

tanzen wir ihm beine ran

lieben wir ihm einen mann

schöner schöner florian

 

für renate und walter höllerer

 


kommentar

 

dass niemals

er schreiben werde

seine autobiographie

 

dass ihm sein leben

viel zu sehr

als dreck erscheine

 

dass auch nur wenige

punkte, blutige

er noch erinnere

 

dass aber niemals

er zögern werde

in den dreck zu fassen

 

um herauszuziehen

was vielleicht

einen stoff abgäbe

 

für poesie

seinen widerlichen

lebenszweck

 


reihe

 

eis

zweig

dreist

vieh

füllf

ächz

silben

ach

neu

zink

 


ende der schmach

 

nur einen einzigen jeder

muss tothaben wollen

damit das ganze an welt

wegfällt

 

so ist es gewesen

so wird es sein

keiner tritt in bekanntes

keiner in fremdes ein

 

die unendlichkeit vorher

die unendlichkeit danach

erde tilge die zeit

die die ewigkeit unterbrach

 

ich ersticke an mir .

meine kehle schnürt mir die kehle.

meine augen löschen meine augen aus.

mein herz sticht mich ins herz.

 


hund-sein

 

hund

ein zeitlang

wartet

 

auf gross-sein

mensch-sein

wartet

 

warten

dann

vergisst

 

jetzt erst

richtig

hund-ist

 


menschenfleiss

 

ein faulsein

ist nicht lesen kein buch

ist nicht lesen keine zeitung

ist überhaupt nicht kein lesen

 

ein faulsein

ist nicht lernen kein lesen und schreibel

ist nicht lernen kein rechnen

ist überhaupt nicht kein lernen

 

ein faulsein

ist nicht rühren keinen finger

ist nicht tun keinen handgriff

ist überhaupt nicht kein arbeiten

 

ein faulsein

solang mund geht auf und zu

solang luft geht aus und ein

ist überhaupt nicht

 


nepomuk

 

nepomuk würde nicht jeder

als namen geben seinem sohn

auch wenn er davon heili würde

heilig der vater

oder heilig der sohn

oder heilig beide

keiner hat es sehr eilig

heilig zu sein

und es wäre für den sohn

nepomuk der name vielleicht

seines lebens bürde

 


eulen

 

bist eulen

ja

bin eulen

jaja

sehr eulen

 

bist auch eulen

ja

bin auch eulen

sehr eulen

jaja

 

will aber nicht mehr eulen sein

bin schon zu lang eulen gewesen

 

will auch nicht mehr eulen sein

bin auch schon zu lang eulen gewesen

 

ja

mit dir da

mit dir da auch

bin nicht mehr eulen ja

bin nicht mehr eulen auch

jaja

ja ja auch

 

doch wer einmal eulen war

der wird eulen bleiben immer

ja

 

ja ja

 


der zunge stampfen (1-6)

 

1 die last

 

ich trage

was ich trage

auch wenn dafür

ich nicht gebaut bin;

dann fall ich eben hin

und rüttele mich auf

und nehm das bündel wieder auf;

ader bleibe liegen

bis auf mir die last

über mich entschieden hat.

 

2 die steuer

 

die steuer kammt

und nimmt mir etwas

van dem geld

das ich verdient habe;

womit?

mit ein paar gedichten vielleicht

bei denen jedem geldmann

es kalt über den rücken schleicht.

 

3 einsperren

 

ihr werdet rnich noch

einsperren, ihr werdet rnich noch

in euer schönes

gefängnis bringen;

dort darf ich dann singen

und springen

im angesicht der wand

an die ihr rnich stellen werdet

um mich abzuknallen;

die schusse jetzt im iran

gelten uns allen.

 

4 sehr kurz

 

ich mache es sehr kurz

wie ein lendenschurz

nie hättet ihr mich zwingen sollen zu verbergen

was darunter ist

unter diesem tüchlein

ich meine vater und mutter mein

und die schergen mit den kastrations-messern

 

5 der zunge stampfen

 

wäre ich noch aufgeregt

würde bald das stampfen

der zunge ich vergessen

 

so aber brütet mich der bär

der niemals aus dem mund mir spränge

allgewaltig in die länge; wer wär

 

vor ruslands drängen gefeit; keinerlei

idylle über seine kleinen hauser schneit

 

die noch aus holz sind, aus der zeit

von tolstoi und dostojewski

 

6 glöckel

 

der glöckel wird beenden dies gedicht; der glocke

glöckel; er, der glöckel der glocke, sobald er

einbricht, wird

dieses gedicht beenden; schon sehr nah ist

dieser entwurf einer intervention; die schonungs-

losen rütteln an den türen schon, unhörbar. bis jetzt

unhörbar, aber dann kommen

glasfüllungen und zigarettenverräte, die bis

in die innersten schonungen dieses schon weithin

aufgezehrten herzens voranrücken. und es wird

glücken der glockenschlag, nein klingelton

an der von mir zu offnenden wohnungstür -

 


bibliothek

 

die vielen buchstaben

die nicht aus ihren wörtern können

 

die vielen wörter

die nicht aus ihren sätzen können

 

die vielen sätze

die nicht aus ihren texten können

 

die vielen texte

die nicht aus ihren büchern können

 

die vielen bücher

mit dem vielen staub darauf

 

die gute putzfrau

mit dem staubwedel

 


loch

loch

loch doch

so loch doch

so loch doch schon

so loch doch

lochdoch

loch

 

Och loch müch kronk

 


werbetext

 

deinl katteel

seinl katteel

schmeckt! nicht!

 

unserl

euerl

ihrl katteel

schmeckt! nicht!

 

esl

schmeckt!

nurl

 

MEINL KAFFEEL

 


der schweiss

 

aus allen poren bricht der schweiss

ader wenigstens aus vielen

wer kann sie zählen

wenn ihm plötzlich so heiss ist

dass er ganz nass ist

 

o wäre es bloss die aussenhitze

die den körper so schwitzen macht

aber oft ist es eine innere macht

die das schwitzen verursacht

eine innenhitze doch kein fieber

 

da wischt das taschentuch die stirn

die wangen und die nase auch

und der schweiss ergiesst sich weiter

sammelt sich zu grossen tropfen

und die trockenen menschen schauen zu

 

oft beim friseur sogar denkst du

hoffentlich wirst du nicht schwitzen

und dann sitzt du im schweren sessel

spürst den friseur an deinen haaren

und dein kopf ist schweissbedeckt

 

ohne beisein der trockenen anderen

geschieht es viel weniger oft

aber bei der ersten zusammenkunft

mit einem machtigen lebhaften menschen

passiert es fast immer

 

das hosenbein verbirgt wirksam

die nassen schenkel das nasse knie

ungesehen auch bleibt was vorgeht in der jacke

aber der hemdkragen trägt deutliche spuren

und in den brillen steht das wasser

 

wen haben Sie da vor sich?

werden Sie denken

und dabei in das nasse gesicht sa ruhig blicken

als begänne für Sie ein gespräch

mit dem trockensten der trockenen

 


bewegung

 

dass mit dem taschentuch, obwohl

in tränen nicht, er sich

die augen wische. er nicht wünsche

in winkeln weissliches.

 


auf dem land

 

rininininininininDER

brüllÜllüllüIlüllüllüllüllEN

 

schweineineineineineineineinE

grununununununununZEN

 

hununununununununDE

bellellellellellellellellEN

 

katatatatatatatatZ E N

miauiauiauiauiauiauiauiauEN

 

katatatatatatatatER

schnurrurrurrurrurrurrurrurrEN

 

gänänänänänänänänSE

schnattattattattattattattattERN

 

ziegiegiegiegiegiegiegiegEN

meckeckeckeckeckeckeckeckERN

 

bienienienienienienienienEN

summummummummummummummummEN

 

grillillillillillillillillEN

ziriririririririrPEN

 

fröschöschöschöschöschöschöschöschE

quakakakakakakakakEN

 

hummummummummummummummummELN

brummummummummummummummummEN

 

vögögögögögögögögEL

zwitschitschjtschitschitschjtschitschjtschERN

 


im schlaf

 

er traf einen baum.

er baute darunter sein haus.

er schnitt aus dem baum

einen stock heraus.

der stock wurde seine lanze.

die lanze wurde sein gewehr.

das gewehr wurde seine kanone.

die kanone wurde seine bombe.

die bombe traf sein haus und riss

den baum an den wurzeln aus.

er stand dabei und staunte,

aber auf wachte er nicht.

 


so ein trost

 

wer es nicht mehr ganz so gut kann

wer es nicht mehr so ganz kann

wer es nicht mehr so gut kann

wer es nicht mehr ganz kann

wer es nicht mehr gut kann

wer es nicht mehr so kann

wer es nicht mehr kann

 

für den tun es andere

ja für den tun es andere

für den tun es ja andere

für den tun es andere ja

für den tun es ja andere ja

ja für den tun es ja andere ja

 

dutzendfach

hunderfach

tausendfach

millionenfach

ja

millionenfach

 

so ein trost

 


der verschluss

 

der verschluss muss immerzu fest schliessen

ein konservendeckei und darf nicht aufgehen

aber sich offnen lassen muss fast jeder

verschluss doch ein verschlossener mensch

ist auch fast ein jeder den man soll

nicht aufmachen nur bei operation

wo der chirurg es gewohnt ist zu sagen

ich weiss nicht wo soll ich den aufmachen

und die operationsschwester zeigt hin

an irgendeine stelle eine gute idee

sagt der chirurg hier wollen wir also

ein loch machen

 

 


die kühe

 

ein wenig liebesersatz mein schatz

und schon kommen herangeschwommen die gedichte

Ober das bleiche blatt die biegsame eckige hostie DIN A 4

schwebend auf den zungen der verdorrten

dichter aller christlichen nationen

eingespannt in den leichenwagen meiner schreibmaschine

während eine nach der anderen die tretminen explodieren

unter den hufen der kühe, angetrieben von den amerikanern

in unsere richtung, worauf wir

endlich wieder fleisch in unserem essen verspüren

 


lichtung

 

manche meinen

lechts und rinks

kann man nicht

velwechsern.

werch ein illtum!

 


versenken

 

diese gedichte sind nicht zum laut lesen

sondern zum sich darein versenken

und die goschen zu halten was ein mund ist

wenn aber die galoschen nicht mehr dicht sind

kann ja in patschen man neben dem ofen sitzen

und sinnend das gedicht betrachten worauf

warme freude einkehren wird in das herz

des poesiefreundlichen stubenhockers

den der schnee nicht dazu verlocken kann

feuchte socken sich zu holen

 


blanko

 

blanko heisst es ist der sehnsucht

ein unbeschriebenes blatt aus den handen getallen

denn wenn sie daraut schliefe wäre fett

weder speise noch der kragen des alten mantels

wovor man sich hüte und mützen

nicht vom kopte reisst der sperling sich den adlerdreck

 


ottos mops

 

ottos mops trotzt

otto: fort mops fort

ottos mops hopst fort

otto:soso

 

otto holt koks

otto holt obst

otto horcht

otto: mops mops

otto hofft

 

ottos mops klopt!

otto: komm mops komm

ottos mops kommt

ottos mops kotzt

otto: ogottogott

 


sieben weltwunder

 

und das wievielte bin ich?

und das wievielte bist du?

und das wievielte ist die kuh?

und das wievielte ist der uhu?

und das wievielte ist das känguruh?

und das wievielte ist der marabu?

und wieviele bleiben übrig l

wenn es den marabu und das känguruh und den uhu

und die kuh und dich und mich

einmal nicht mehr gibt?

 


der horizont

 

für jean améry

 

der horizont ist nur ein strich

der rutscht immer tiefer herunter

er tut es langsam

darüber erscheint kein himmel

 


the flag

 

a fleck

on the flag

let’s putzen

 

a riss

in the flag

let's nähen

where's the nadel

now

that's getan

let's throw it

werfen

 

into a dreck

 

that’s

a zweck

 


noch eins

 

noch eins, sag ich und schlich mich schon davon

was also, hab ich eins gesagt, bin dann geschlichen

oder hab ich, schon schleichend, eins gesagt

verbleichend nämlich, oder schon verblichen

 


der erfolg

 

der erfolg macht manchen gross

indem er ihn in die welt bringt

und ihm geld bringt

alle werden aufmerksam auf ihn

er geht hin und kauft sich alles

und am ende ist er hin

 


der regen

 

der regen hat keinen wie immer gearteten durst

er kann sich auch nicht gut selbst trinken

er kann nicht einmal an das trinken denken

weil er überhaupt nicht denken kann

das ist die allgemeine meinung

er ist eine viel beachtete erscheinung

die man am besten unter dach verbringt

 


der grazer

 

der grazer hat vermutlich

weniger farbe ader mehr

als der wiener

eine gute gesichtsfarbe

deutet auf ein wohlbefinden hin

eine gute stiefelfarbe

passt zum selbstbewussten schritt

 


das kloster

 

wer nicht darinnen sein will

hat manchmal trotzdem eine bedeutende stellung

das kloster ist ein panzer

es macht das herz der welt

unverletzlich

ausserhalb des klosters ist es auch

aber oft unverlässlich

 


das grune glas

 

man kann im grünen glas

sehr schon schwimmen

wenn man klein genug ist

zum beispiel eine mücke

 


die krise

 

die krise ist ein riese

der in jedem zwerg platz hat

das ist für einen jeden sehr ärgerlich

wenn so ein riese in ihm sitzt

er denkt tagein tagaus

wie bring ich den riesen bloss hinaus

ja er denkt ununterbrochen

an seine krise

manchmal tut er es jahrelang

 


der krieg

 

der krieg ist hier und jetzt

ein verklungenes lied

wem noch die ohren davon sausen

der weiss wenigstens

daB er draussen war

der krieg ist inzwischen ganz weg

aber er blieb unverletzt

 


das bleiben

 

das bleiben kann ein sitzenbleiben

oder ein stehenbleiben sein

es kann auch ein liegenbleiben sein

ein zuhause bleiben oder ein draussen bleiben

es gibt so viele arten Von bleiben

aber keine hält ewig

das ist manchmal gut

aber manchmal schade

 


die klage

 

die klage ist eine sage

und eine höre

oder sie ist eine schreie

oder eine weine

aber eine höre ist sie immer

nämlich wenn sie iemand hört

 


die bürste

 

die bürste fährt das leder blank

oder staubfrei hut und hose

oder sauber die zähne

es ist nicht immer die eine bürste

die das alles tut

sondern es sind meist verschiedene

die meisten bürsten sind auch gut

 


die wunde

 

die wunde wird geschlagen

oder gestochen

oder geschossen

von einer sekunde zur nächsten

und dauert dann oft lange

langsame wunden erzeugt der sadist

bis er damit zufrieden ist

an die heilung denken müssen andere

was aber auch nicht immer hilft

(für kleine wunden hansaplast

immer bereithalten!)

 


kindersprache

 

wenn ich ietzt spreche wie ein kind

weiss ich garnicht ob ich iemand finde

der sich das anhören möchte

 

denn ich spreche ia ietzt nicht als kind

weil ich dazu schon viel zu alt bin

 

aber vielleicht ist es auch ganz egal

ob sich iemand das anhören möchte

wenn es mir nur eine freude macht

 

und ich dann weniger griesgrämig bin

bei den anderen

 


der unlogische knabe

 

wie meine mutter mir gesagt hat

wie das mit den kindern ist

hab ich mir gedacht: wie schade

dass ich keine frau werde

 

ich hab mir nicht gedacht: wie schade

dass ich kein mädchen bin

denn ein mädchen sein wollte ich nie

obwohl es anders nicht gegangen wäre

 

man sieht daran der knabe

hat nicht logisch gedacht

aber was er dann als mann gemacht hat

ist eine ganz andere geschichte

 


frass

 

manche hatten sich verkrümmt

oder verkrümelt.

das ist ganz unterschiedlich.

aber gefressen

hat es von beiden.

und zwar nicht nur angeknabbert

wie kaninchen den krautkopf.

sondern ganz gewaltig.

 


unsagbar

 

die dummheit ist eine eigene art

von gescheitheit. Sie ist

ein grad davon, eine temperatur .

wirklich dumm ist nur, wer glaubt

immer kann sommer sein, zum im freien baden,

oder immer kann winter sein, zum schifahren.

 


schwer

 

keiner soll sich schämen

weil er einen schweren fuss hat

der nicht mehr so lang wandern

gehen oder stehen kann

 

keiner soll sich schämen

weil er eine schwere hand hat

die nicht mehr so flott hämmern

schrauben oder schreiben kann

 

keiner soll sich schämen

weil er einen schweren verstand hat

etc.


 

die dummheit

 

die dummheit ist eine eigene art

von gescheitheit. Sie ist

ein grad davon, eine temperatur .

wirklich dumm ist nur, wer glaubt

immer kann sommer sein, zum im freien baden,

oder immer kann winter sein, zum schifahren.


der mensch

 

der mensch hat vieles von dem tier

aber doch nicht alles.

das kann aber vom tier

hinaufgewachsen sein.

schöner ist es aber schon

sich zu denken, dass es von oben kam.

dann muss man sich aber auch denken

dass vieles tief von unten kam

nämlich unterhalb des tieres.

dann hat man gott

aber man braucht auch den teufel.


 

an gott

 

dass an gott geglaubt einstens er habe

fürwahr er das konne nicht sagen

es sei einfach gewesen gott da

und dann nicht mehr gewesen gott da

und dazwischen sei garnichts gewesen .

jetzt aber er müsste sich plagen

wenn jetzt an gott glauben er wollte

garantieren für ihn konnte niemand

indes vielleicht eines tages

werde eintach gott wieder da sein

und garnichts gewesen dazwischen


der zusammenbruch

 

 

mehrmals in sein leben brach

vater zusammen aut der strass

 

er dacht gerne sich urnringt

von ein schar von enkelkind

 

 

beifünt kindern sah er vier

mit philipp sähe er schon fünt

 

 

er lag paar tag ohne bewusst

kam nicht zurück und sterben musst

 

 

der sohn der ich von ihm noch bin

hat seinen und seinen tod im sinn


 

die brille

 

die brille kommt

in sein gesicht

oft schon dem kind

 

sieht es dann wie

sein vater aus

spürt es den stolz

 

fällt sie und bricht

den nachteil merkt

gar bald das kind

 

as freie aug

mit scharter sicht

wär ihm jetzt lieb

 

die scharte sicht

ohne behelf

kehrt nie zurück

 


der schatten 

 

der schatten schlägt sein dunkles schwert

zwischen mich und die welt als ein drittes

das ich ebensowenig begreife. ich schleppe

den schatten herum. er hängt an meinen

füssen, aber ohne geräusch, auch wenn an alles

er anstosst. die welt hingegen

macht einen grausamen lärm, und ich selbst

kann nicht still sein, ehe das dunkle schwert

durch die kehle mir fährt; dann wird es ohne

beispiel sein, schatten allein.

 


von papieren

 

tausende noch von papieren sollst zerschreiben du

kein glas zerbrechen an finken, den spiegel tönen

nach frost begehren und verzweigen du

an bündeln von zeitungen. der leben fuhre fürchtet

den narrenpass, verzittert als eingemelkte zitronenschote

ein blaues diadem, dein kuss an frettchen, so raschelt

durchs laub des schriftenbaums dein gewürztes bett.

und schreist nach gedichten du, stumpffingrig kehlensturz

wo wird was war sich neu dir zeigen, im feuer nur

als kleiner kegelmann der mit lettern verbrennt.


von wörtern 

 

erwarte

von wörtern nichts

sie tun es nicht

für dich

sie kommen

gierig

überschwemmen dich

und dein papier

nicht was sie dir

antun

doch was du dem geringsten

von ihnen

angetan

kann

etwas sein

 


begegnen

 

ich begegne menschen

die ich nicht gekannt habe

 

die meisten bleiben menschen

die ich nicht kenne

 


unsagbar

 

so voll

gefüll

von njcht

sagbarem

un-

sagbarem

 

simplen wörtern wie

angst

kjndergeschrei

ein poltern

düsterkeit

 

wörtern für meine

welt

 

dass ich sie hinstelle

in gedichten

 

dass ich sie hineinbelle

in die stille

 


 


                         

canandanann  06-09-07

weghezel.jpg (31819 bytes)